Parksanatorium Aulendorf
Fachklinik für Onkologische Rehabilitation
 
 
 
 

GESÜNDER RAUCHEN

Sind elektronische Zigaretten die besseren Glimmstengel?

Wangen - Seit drei Monaten gilt europaweit eine Richtlinie, die die Vermarktung von elektronischen Zigaretten reglementiert. PD Dr. Robert Scheubel, Leiter des zertifizierten Thoraxchirurgischen Zentrums an den Waldburg-Zeil Fachkliniken Wangen schätzt ein, ob E-Zigaretten eine Alternative zu herkömmlichen, Krebs erregenden Zigaretten sind.

Herr Dr. Scheubel, haben Sie als Thoraxchirurg künftig weniger zu tun – wenn sich die E-Zigarette durchsetzt?

  
  
PD Dr. Robert Scheubel: Zunächst mal bin ich über jede Initiative froh, die verhindert, dass sich krebserregende Stoffe in der Lunge anreichern und ein Bronchialkarzinom verursachen. Denn Lungenkrebs ist immer noch eine der häufigsten Tumorarten mit einer hohen Sterblichkeitsrate – trotz hervorragender Operations- und Behandlungstechniken.   
  
Den Vormarsch der E-Zigarette beobachte ich allerdings mit gemischten Gefühlen. Natürlich fällt der Teer, der am meisten Krebs erregende Verbrennungsrückstand der herkömmlichen Zigarette, weg. Beim Verdampfen atmen die Nutzer jedoch andere Inhaltstoffe ein, über deren Folgen wir noch sehr wenig wissen.   
  
Mit anderen Worten: Die E-Zigarette soll es Rauchern leichter machen, auf echte Zigaretten zu verzichten, um nicht an Lungenkrebs zu erkranken – aber niemand kann bisher mit Sicherheit sagen, welche neuen Krebs erregenden Substanzen sie statt dessen konsumieren.   
  
 

Wo sehen Sie denn die Gefahren?

  
  
PD Dr. Robert Scheubel: Internationale Studien beschäftigen sich zur Zeit mit den Inhaltstoffen der so genannten „Liquids“ also der Flüssigkeiten, die in den E-Zigaretten verdampft werden. Verdampfen hört sich ja zunächst mal sehr gesund an. Tatsächlich enthalten die Flüssigkeiten aber zum Beispiel Propylenglykol, das in Bühnennebel oder Enteiser und Frostschutzmitteln enthalten ist. Außerdem werden Öle auf Glyzerinbasis eingesetzt, die im Verdacht stehen, Lungenentzündungen hervorzurufen. Eine ganz neue Studie hat Formaldehyd nachgewissen, das beim Erhitzen der Liquids in E-Zigaretten entstehen kann. Für Raumluft gelten wegen dessen Krebs erregenden Eigenschaften strenge Grenzwerte.   
  
 

Sind diese Stoffe denn in diesen geringen Dosen überhaupt gefährlich?

  
  
PD Dr. Robert Scheubel: Am bedenklichsten sind solche reizenden Substanzen für Menschen mit empfindlichen Atmungsorganen. Und Raucher haben klassischerweise Lungenschäden, reagieren also sensibler… Außerdem kursieren im Internet inzwischen eine Menge Rezepte für selbst gebraute Liquid-Mischungen. Ich denke da an diverse Stimulanzien bis hin zu Cannabis, die wahrscheinlich besonders junge Konsumenten ansprechen. Ihre Wechselwirkungen beim Verdampfungsprozess sind noch gar nicht untersucht.   
  
 

Apropos junge Nutzer – sollten Jugendliche, wenn sie schon rauchen, nicht trotzdem besser zu den E-Zigaretten greifen?

  
  
PD Dr. Robert Scheubel: Für Jugendliche sind E-Zigaretten auf keinen Fall harmlos. Denn sie enthalten wie ihre herkömmlichen Verwandten Nikotin – ein Nervengift. Wissenschaftler gehen davon aus, dass regelmäßiger Nikotinkonsum sich sehr nachteilig zum Beispiel auf die Merkfähigkeit des heranwachsenden Gehirns auswirkt. Auf dem Schulhof haben E-Zigaretten also überhaupt nichts zu suchen. Glücklicherweise unterliegen Liquids mit bis zu 20 Milligramm Nikotin auf einen Milliliter Liquid den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie normale Zigaretten.   
  
 

Was ist also Ihre Empfehlung?

  
  
PD Dr. Robert Scheubel: Als Thoraxchirurg sehe ich jeden Tag die Folgen langjährigen Rauchens in meiner Praxis und auf dem OP-Tisch. Ich würde also alles vermeiden, aktiv zu konsumieren, was zu Lungenschäden führen kann. Dazu gehören auch E-Zigaretten, so lange ihre Harmlosigkeit nicht zweifelsfrei belegt werden kann.   
  
 
Info E-Zigarette  
Die elektronische Zigarette bezeichnet sich selbst als gesunde Alternative für Raucher. E-Zigaretten sehen herkömmlichen Zigaretten sehr ähnlich. Über eine Elektronik wird in dem Plastikröhrchen eine Heizwendel gesteuert, die eine Flüssigkeit verdampfen lässt. Es gibt diese „Liquids“ in vielen Geschmacksrichtungen. Befürworter gehen davon aus, dass Raucher auf diese Weise „gesünder“ rauchen, weil sich kein Teer bildet und in der Lunge ablagert – der Krebs verursachen kann. Kritiker hingegen weisen auf den Nikotingehalt hin und betonen, dass auch E-Zigaretten abhängig machen können. E-Zigaretten ab einer bestimmten Menge Nikotin pro Milliliter unterliegen den gleichen gesetzlichen Bestimmungen wie Zigaretten. Sie dürfen an Jugendliche unter 18 Jahren nicht verkauft werden. Sechs bis zehn Milligramm bei Kindern und 60 Milligramm Nikotin bei Erwachsenen gelten als lebensbedrohlich.   
  
 
 
Dr. Robert Scheubel  
Chefarzt der Thoraxchirurgie Wangen, dem einzigen zertifizierten Zentrum für Thoraxchirurgie in Bayern.
Veröffentlicht am: 31.07.2014  /  News-Bereich: News des Klinikverbundes
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